Ich finde diese Einstellung sehr sympathisch:
Ich weigere mich, das Tam-Tam zu veranstalten, das ihr angesprochen habt.
Und weil ich immer noch nervös werde kurz bevor ich richtigstellen muss, dass ich nicht hetero bin. Ich habe kaum Angst vor Anfeindungen oder Gewalt. Ich weiß, das ist ein Privileg als queere Person; es sollte keines sein. Wovor ich Angst habe, sind Menschen, die sagen, sie müssten das erst einmal verarbeiten. Die mir vorwerfen, ich hätte es zu lange verheimlicht. Menschen, die behaupten, natürlich sei es in Ordnung – und die sich dennoch Sorgen machen, wenn ihre Kinder in der Schule von Leuten wie mir hören.
Trotzdem ist es schön, out zu sein. Natürlich wäre es schöner gewesen, wenn ich mit fünfzehn schon ganz selbstverständlich hätte lesbisch sein können. Natürlich wäre es schöner, ich könnte es jetzt.
Aus: »Queers, müsst ihr euch immer noch outen?« (jetzt.de)
Allgemeine Einstellung
Denn auf der einen Seite gibt sich in unserer Gesellschaft ein Großteil offen und tolerant. Auf der anderen Seite wird insbesondere unbewusst immer noch sehr heteronormativ gedacht.
Einerseits führt ein aktives Coming-Out somit natürlich zu mehr Sichtbarkeit von Nicht-Heteronormativitäten.
Andererseits finde ich es auch schöner, das nicht so an die große Glocke zu hängen (es ist ja in unserer Gesellschaft eigentlich nichts besonderes bzw. sollte nichts besonderes mehr sein), sondern zu thematisieren, wenn es sich ergibt. Denn Heteros »müssen« sich ja auch nicht outen.
Die Familie
Doch während der letzten Besuche bei meinen Eltern habe ich mich gefragt, ob ich das bei meiner Familie weiterhin so … handhaben möchte (das Wort »verstecken« trifft es da meines Erachtens nicht).
Schwierig finde ich vor allem in Bezug auf meine Eltern, dass sich die Pansexualität bei mir »nur« auf die Sexualität bezieht. Gefühlt habe ich bisher immer heteroromantisch. Klar, ich möchte nichts endgültig ausschließen, aber jetzt mit Mitte 30 denke ich, dass diese Einstellung schon ziemlich gefestigt ist. Und über die Sexualität spreche ich (wie wohl viele) nicht mit meinen Eltern. Das einzige, an das ich mich erinnern kann, ist die Aufklärung mit dem Buch »Peter, Ida und Minimum«. Und später an die gefühlte Peinlichkeit, wenn wir zusammen einen Spielfilm gesehen haben und dort eine Sexszene gezeigt wurde 😳
Daher frage ich mich hier zwei Dinge:
Der Beginn
Wie das Thema ansprechen? Proaktiv oder »nebenbei«? Wobei das Nebenbei ja auch indirekt herbeigeführt werden kann, etwa durch das Tragen eines entsprechenden Shirts. Oder doch erst damit »herausrücken«, wenn ein queeres Thema (von mir unbeeinflusst) zur Sprache kommt?
Die Formulierung
Ich denke, wäre ich »komplett« pansexuell und nicht auch noch heteroromantisch, würde mir ein aktives Coming-Out einfacher fallen.
Denn dann könnte das je nach Wahl der Beziehungsperson ja sowieso sehr sichtbar sein. In meinem Fall ist die Queerness aber durch die Beschränkung auf die Sexualität nach außen nicht so sichtbar, sondern rein intim ausgeprägt.
Sicher, für das Kopfkino meiner Eltern sind immer noch sie selber verantwortlich. Aber bei einer »kompletten« Pansexualität ist mit der Dating- und Beziehungsthematik ein wesentlich unverfänglicherer Gesprächsschwerpunkt möglich.
Aber so? Selbst wenn ich das nicht von mir aus gleich klarstelle. Aber wenn ich zum Beispiel gefragt werde, ob ich mich denn auch schon Männer gedatet hab – spätestens dann müsste ich das ansprechen oder lügen. Denn ich kann schon verstehen, dass die eigenen Eltern interessiert, mit welchen Personen sie vielleicht später mal als Partner der eigenen Kinder rechnen können.
Schwierig.
Do., 16. Juli 2020 um 13:01
hey 🙂
warum machst du dir so einen Kopp darum? solange du noch Single bist ist doch alles ganz entspannt und du „musst“ deinen Ellis gar nichts sagen. oder hast du den Drang, es ihnen zu sagen? wenn ja, dann hau et doch einfach aufn Tisch ;-p
sonst kannst du ja einfach warten, wer dir so alles begegnet im leben und wenn es mal ein mann sein sollte, mit dem du tatsächlich vor der situation stehst, deine Eltern gemeinsam mit ihm zu besuchen, dann kannst du ja immer noch vorher ankündigen, dass du nicht mit einer weiblichen person vorbeikommst 🙂
deine Eltern sind doch keine erzkonservativen menschen….! ich hab das Gefühl, du grübelst wieder zu viel 😉 und in Wahrheit ist alles ganz entspannt 🙂
Keep calm and have some cake!
Fr., 17. Juli 2020 um 21:04
Ich seh das wie FrauS. : )
Oder belastet es dich denn, nichts dazu zu sagen? Oder wäre es dir einfach nur wichtig, dass sie es wissen? Dann würde ich das Gespräch auch damit beginnen… und ich würde mich darauf einstellen, dass du erst mal die Begriffe pan und heteroromantisch erklären musst. Ich weiß ja nicht, wie deine Eltern so sind, aber meine könnten z.B. nichts damit anfangen. : D
Ach ja: Kennst du eigentlich »okay«? (https://www.youtube.com/channel/UCTFCAxi634M3H_ezo6a1jsA/videos) Vielleicht inspiriert dich das ja, besonders die Folgen, in denen Annika Comming Outs nachspielt. : D
Di., 21. Juli 2020 um 21:19
@ Lady Butterfly:
Ich mach mir aber nen Kopf. Wie bei allem. Wenn ich mein Innerstes nach außen kehren würde, würde das in etwa so aussehen 😁
@ Journey:
Ja, das ist mir klar, dass ich dann gewisse Begrifflichkeiten erläutern müsste. Mh, »Belastung« würde ichs nicht nennen. Hach, ich weiß doch auch nicht. 🙄
Bei meinem letzten Besuch bei meinen Eltern hatte ich die Armbänder zwar im Rucksack mit, aber mich dann doch nicht getraut, »Flagge« zu zeigen.
Zum einen wohl wegen der Ungewissheit der Reaktion, zum anderen, weil ich eben auch nicht so recht weiß, wie ich die bei mir so komplexe Thematik am besten erklären sollte.
Danke für den YouTube-Kanal, da brauch ich jetzt noch mehr Zeit zum Vertrödeln 😉
Do., 23. Juli 2020 um 03:02
Hey, das war eher zur Inspiration gedacht! : D
Da gibt’s ein paar echt coole Coming-out-Geschichten. ; ) Und oft haben die Eltern/Freunde das auch schon geahnt…
Letzten Endes wirst du selbst ja am besten wissen, wie du es bei deinen Eltern ansprichst, weil du weißt, wie sie so sind. Und wenn sie auf Anhieb nicht gleich so reagieren wie gedacht: Gib ihnen etwas Zeit zur Verarbeitung.
Es wäre schade, wenn das ganze durch dein Unbehagen immer mehr zu einer Angst wird..
Ich bin mir sicher, dass du das kreativ lösen und letzten Endes gut vorbereitet sein wirst! Sieh es einfach wie eine Art Vortrag zu einem Thema, über das du schon Bescheid weißt. Du musst das ganze nur noch gliedern (und wenn es dir hilft: auch schriftlich).
Ich drücke dir die Daumen! : )
Do., 23. Juli 2020 um 22:45
@ Journey:
Ja, ich hatte schon gelesen, dass das inspirierend gemeint war 🙂
Klar, gerade wenn Sexualität und Romantik/Emotionalität übereinstimmen, wird die eigene Ausrichtung oft auch von nahen Angehörigen vorab vermutet, da insbesondere das Emotionale ja auch zum Beispiel zum »Schwärmen« führt, was sich nicht immer gut unterdrücken lässt.
Aber ob das bei mir so erkennbar war oder ist? Ob etwa meine Eltern mehr hinter früheren Treffen mit Männern vermutet hatten, als ich noch mit ihnen zusammengewohnt hatte? Denn natürlich haben wir uns ja auch darüber unterhalten, wenn ich mal wegfuhr und wohin. Aber das ging auch nie über Nacht.
Gut vorbereitet? Gliedern? Dann wird das wenn überhaupt also erst nach Lesen des Buches und anschließendem Umsetzen eines eigenen Bullet-Journals – vielleicht also als eine Art Weihnachtsgeschenk? 😜