Die ersten beliebten Blogs in Deutschland haben angekündigt, wegen des neuen JugendMediendiensteStaatsVertrags zum nächsten Jahr zu schließen. Denn ab 2011 müssen Anbieter von Internetseiten in Deutschland ihre Inhalte auf sogenannte jugendgefährdende Inhalte prüfen und klassifizieren – wie man es von Film und Spiel kennt: ab 0, 6, 12, 16 und 18 Jahren. Und gegebenenfalls Schutzmaßnahmen ergreifen – zum Beispiel Zugangssperren oder Sendezeitbeschränkung.
Gerade private und interaktive Internetseiten wie Blogs oder Foren mit Kommentaren und Diskussionen können diesem neuen Gesetz praktisch gar nicht nachkommen. Letztlich handelt es hierbei praktisch eine Zensur des weltoffenen und individuell geprägten deutschen Internets. Leider habe ich davon erst jetzt erfahren. Ab April gab es eine Petitionsaktion dagegen, die aber mittlerweile beendet ist, ansonsten habe ich keine aktuellen Aktionen dazu gefunden.
Verpflichtet dazu sind laut FSM:
- Inhalte, die nur für Nutzer ab 12 Jahren geeignet sind und nicht von Inhalten, die für jüngere Kinder bestimmt sind, getrennt gehalten werden
- Inhalte, die nur für Nutzer ab 16 oder 18 Jahren geeignet sind.
Internetangebote mit Besucher-erzeugten Inhalten muss entsprechend klassifiziert werden, wenn der Inhaber von diesen Inhalten Kenntnis hat. Und auch schon die einfache Klassifikation ohne Schutzmaßnahmen ist nicht nur aufwändig, sondern auch entweder teuer (wenn sie professionell gemacht wird) oder juristisch unsicher (wenn man dies selber bewerkstelligen will).
Fast alle politischen Hürden sind gemeistert, nun haben sich auch SPD und Grüne aus NRW dafür ausgesprochen, davei waren die Grünen bisher immer gegen den neuen JMStV. Dies soll wohl aus Zwängen passiert sein, der Grünen-Fraktionsvorstand wurde gebeten, mit der SPD über eine Ablehung zu sprechen.
Netzpolitik.org fragt: Haben wir nicht andere, vielleicht vielversprechendere Protestmöglichkeiten?
Ich hoffe, diese Gesetzesänderung schüchtert vor allem nicht allzu viele von denen in meiner Blog-Leseliste ein, die mit ihrer realen Persönlichkeit offen zu ihrem Blog stehen.
Weitere Informationen:
Heise: Blog macht wegen neuem Jugendschutzgesetz dicht
t3n: Lesepflicht für alle: 17 Fragen zum neuen JMStV
→ Fazit und Handlungsvorschlag: Abwarten
VZlog.de: In eigener Sache: Wir schließen am 31. Dezember 2010
koehntopp.de: Diese Website ist offline.
Nachtrag am Mittwoch, 1.12.2010
Ein interessanter Kommentar von Prof. Dr. Thomas Hoeren im Beck-Blog (nachfolgend nur ein kurzer Auszug):
Jugendmedienstaatsvertrag und Altersfreigabe im Internet
Wer diesen Text geschrieben hat, kann kein Jurist (oder nur C‑Jurist; s.o.). gewesen sein. Egal wie man zu dem Zweck der Regelung steht, hier stimmt handwerklich nichts. […]
Liebe Politik, bitte verzichtet auf solche Gesetze Stoppt den Unsinn und denkt lange nach, bevor Ihr wirklich an das »Machen« von Gesetzen geht. Gesetze wollen handwerklich und dogmatisch sauber geschrieben sein, das braucht Zeit, Ruhe und Verstand.
Und sehr ausführlich analysiert das LawBlog das Gesetz:
Blogger können leidlich gelassen bleiben
Man kann und muss sich über den geplanten Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) aufregen. Die geplanten Regelungen sind weltfremd im wahrsten Sinne des Wortes. […]
Bloggen selbst wird mit dem JMStV sicher nicht einfacher. Aber ich sehe auch keinen Grund für Panik. Selbst wenn die Regelung kommt, macht sie ein Blog nicht zum unbeherrschbaren Risiko. Wenn man denn im Netz verstummen will, gibt es dafür sicher bessere Gründe als den JMStV.
Di., 30. November 2010 um 23:04
Jaaah.. *knirsch*
Abwarten ist gut.
Di., 30. November 2010 um 23:14
Ich weiß auch nicht so recht, was ich davon halten soll. Aber da bin ich sicher nicht die Einzige. Viele warten wohl auch den 1.1. ab.
Ich wüsste gar nicht, wie ich denn zeitlich was freigeben soll? Man denke an Ami-Leser. Die leben ja bekanntlich in anderen Zeitzonen. Aber Scheuklappen lenken den Blick ja bekanntlich auf einen Punkt.
Und ob mein Blog nun FSK 12, 16 oder 21 is… Woher soll ich das wissen!?
Pff. So nen Käse. Bei manchen Gesetzen fragt man sich wirklich…
Di., 30. November 2010 um 23:31
Ja, eine Zensur (oder wie auch immer man einschränkende Maßnahmen nennen möchte) im Internet ist immer schwierig – und vor allem kontraproduktiv. Die Nebenwirkungen sind meist größer als die eigentlichen Ergebnisse. Denn die eigentlichen großen Fische, die damit eingeschränkt werden sollen, haben meist die Möglichkeiten, ins Ausland umzuziehen.
Di., 30. November 2010 um 23:35
I hate it, Schoko, I hate it. e____e
Mi., 1. Dezember 2010 um 23:07
Es gibt einen Nachtrag, weitere abwartende Meinungen 🙂
Do., 2. Dezember 2010 um 21:11
Den Post im LawBlog hab ich gelesen. Allerdings auch diverse Kommentare dazu. Da scheiden sich dann wieder die Meinungen extrem.
Wie gesagt, ich überlege, ob ich den Blog nicht einfach wieder privat setze und ein paar Wochen warte.
Mal sehen, was andere machen werden.
Das Gesetz ist einfach nur dumm. Wobei ich jetzt irgendwo auch gelesen hab, dass die SPD nun wieder einen Rückzieher macht und gegen das Gesetz is.
Ach, man wird sehen.
Krawallpolitik in RTL2-Manier. Mehr fällt mir dazu echt nich ein!